Bartsch, Paul D.: Große Brüder werfen lange Schatten
Beschreibung
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Paul D. Bartsch
Große Brüder werfen lange Schatten
Novelle
160 S., Br., 130 × 200 mm
Neuausgabe
ISBN 978-3-96311-026-9
Erschienen: Mai 2018
Frühjahr 1970. Der Ministerpräsident der DDR, Willi Stoph, empfängt in Erfurt Bundeskanzler Willy Brandt, und die RAF befreit in West-Berlin Andreas Baader aus der Haft. An der erweiterten Oberschule einer DDR-Kleinstadt diskutieren die Schüler derweil gelangweilt die Schlagzeilen des Neuen Deutschlands, während sie sich nach Schulschluss für die Musik des Deutschen Soldatensenders begeistern.
Thomas Mertin und sein Freund Maikel gehören zu ihnen. Als das Gerücht aufkommt, die englische Beatgruppe The Hollies werde demnächst im Osten gastieren, fassen sie den Entschluss, selbst eine Band zu gründen. An Interessierten ist kein Mangel, sogar Schulschwarm Frauke wird als Sängerin gewonnen. Doch in der sozialistischen DDR ist selbst Musik ein Politikum, der Staat will Zugeständnisse. Am Ende müssen die Freunde sich entscheiden, wie weit sie für ihren Traum gehen wollen. Autor
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Paul D. Bartsch, geb. 1954 in Wernigerode und aufgewachsen in einem Dorf im Vorharz. 1972 Abitur, Bauingenieurstudium in Weimar; Abbruch nach drei Semestern. Danach Hilfsarbeiter in der Holzindustrie, Armeedienst. 1976 bis 1980 Pädagogikstudium (Deutsch/Musik) in Halle (Saale); nach dem Diplom freiberuflich als Sänger unterwegs. 1984 Assistenz am Germanistischen Institut der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 1988 Promotion (Literaturwissenschaft). Seit 1991 Tätigkeit als Medienpädagoge, 2009 Berufung zum Professor für Erziehungswissenschaft an der Hochschule Merseburg. Verheiratet seit 1978 – und inzwischen mehrfacher Großvater.
Interview
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Wie sind Sie auf das Thema Ihres Buches »Große Brüder werfen lange Schatten« gekommen?
Obwohl das Buch keineswegs eine Autobiografie ist, sondern eine rein fiktive Geschichte erzählt, spielt diese doch in einer Zeit und einem Milieu, das ich (Jahrgang 1954) eben auch im Alter meiner literarischen Figuren ähnlich erlebt habe. Zudem war es mir ein Bedürfnis, noch einmal jene Jahre zu durchdenken, die mich als Jugendlichen geprägt haben. Also habe ich Archive durchforstet, in alten Zeitungen geblättert, mit anderen Leuten meiner Generation gesprochen – und dann hat sich die Story herauskristallisiert. Und das Gerücht, dass die Hollies in der DDR spielen sollten, das gab es übrigens wirklich.
Haben Sie selbst die Erfahrung gemacht, dass die Musik in der DDR zum Politikum wurde?
Oh ja, das habe ich! Seit ich mit 16 das erste Mal auf einer Bühne stand, musste ich Einstufungen über mich ergehen lassen, und insbesondere bei eigenen Texten gab es immer Diskussionen. Man sieht es ja auch an der Geschichte von DDR-Bands: Wer sich anpasste (wie die Puhdys oder Karat), der kam gut klar und genoss diverse Privilegien; wer dagegen aufmuckte (wie Renft), wurde verboten.
Welche war bzw. ist Ihre Lieblingsmusikrichtung?
Ich bin da relativ offen – die Palette reicht von Folk (Bob Dylan, Joan Baez) über Blues (Rory Gallagher, Alvin Lee, Rick Derringer) bis zu guter Rockmusik á la Deep Purple, Led Zeppelin oder Free. Eine ganz alte Liebe muss ich hervorheben: Die Rolling Stones (ich war nie Beatles-Fan). Und natürlich die Gruppe Renft, mit deren Platten ich groß geworden bin und die ich noch heute als wichtigste DDR-Band ansehe. Seit drei Jahren sammle ich übrigens wieder richtige Schallplatten, insbesondere Livekonzerte aus den 1960er bis 1990er Jahren, und entdecke dabei immer noch Neues. Pressestimmen
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»Ein gelungener Einblick, wie sich Jugendliche auf der Suche nach Identität, Lebenssinn und Kreativität durchzusetzen versuchen.«
Reinhard Ständer, Folker, 129.2019
»Sprachlich spielt er professionell auf der Klaviatur der Worte wie auf seiner Gitarre.«
Uwe Kraus, Mitteldeutsche Zeitung, Juli 2018
»Rührend oft, auch komisch und dicht an den politischen Zeitereignissen jener Tage beschreibt Bartsch sein Personal.«
Andreas Montag, Mitteldeutsche Zeitung, 2. Juni 2018